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Mischkonzern

General Electric weiht große Fabrik für 3D-Drucker in Deutschland ein

Von Lichtenfels in Bayern sollen GE-3D-Drucker in die ganze Welt geliefert werden. Der Konzern setzt große Hoffnungen auf die Sparte Additive. Für General Electric (GE) gab es zuletzt nicht viel zu feiern. Im vergangenen Jahr machte der Industriekonzern fast 23 Milliarden Dollar Verlust, nach nur kurzer Amtszeit musste der Chef gehen. Im Zuge des Absturzes flog GE sogar aus dem Dow Jones. Vor wenigen Wochen stürzte der Kurs ab, als Analyst Harry Markopolos dem Konzern Bilanzbetrug vorwarf - GE-Chef Larry Culp sprach von Kursmanipulation. Doch in Lichtenfels ging es am Freitag wieder ums Geschäft. GE weihte eine neue Produktionsstätte für 3D-Drucker ein. Die Fabrik in Lichtenfels ist 40.0000 Quadratmeter groß, und dürfte damit eine der größten weltweit sein. Auf der Sparte Additive, die von Deutschland aus geführt wird, ruhen derzeit viele Hoffnungen der Amerikaner. 'Wir sehen uns weltweit in der Führungsposition und wollen stark wachsen', sagte GE-Additive-Chef Jason Oliver dem Handelsblatt. 'Additive ist ein Kernbestandteil von General Electric.'

Der 3D-Druck war über Jahre ein Hype-Thema. Um die Möglichkeiten der neuen Fertigungstechnologie wurden sogar Pizzen und Wohnhäuser gedruckt. Doch für den Durchbruch wird entscheidend sein, ob additive Verfahren in der Industrie die Serienfertigung erobern. Oliver ist zuversichtlich: 'Der Boom in der Industrie hat bereits begonnen', sagt er. Additive Fertigungsverfahren würden ausgehend von der Raumfahrt- und Flugzeugbauindustrie immer mehr Branchen erobern. Die Komplexität der Technologie sei hoch. Daher wolle GE seinen Vorsprung nutzen und weitere Marktanteile erobern. 'Ich glaube, wir werden gewinnen', ist Oliver überzeugt. Bei der additiven Fertigung entstehen Bauteile Schicht für Schicht, ohne dass Formen benötigt werden. Mit den 3D-Anlagen lassen sich somit Teile in beliebiger Form herstellen, die bisher gefräst oder gegossen wurden - oder gar nicht hergestellt werden konnten. Heute werden Turbinenteile ebenso gedruckt wie Zahnersatz und Schmuck. Wurden anfänglich wegen der hohen Kosten und technologischen Herausforderungen vor allem Prototypen mit 3D-Druck hergestellt, hält die Technologie zunehmend auch in die Massenproduktion Einzug. GE selbst ist der beste Kunde der Additive-Sparte, produziert in Prag beispielsweise einen Turbopropeller-Motor, der nur noch aus zwölf Teilen besteht. Mit klassischen Produktionsverfahren waren es 950.

Technologie ist teuer und begrenzt Gebremst wird die Branche derzeit noch von drei Themen: Die Anlagen sind teuer, der 3D-Druck ist relativ langsam und die Größe der zu produzierenden Teile ist begrenzt. Durch moderne Fabriken wie in Lichtenfels sollen Skaleneffekte genutzt werden. Zudem werden die Anlagen größer und sie werden inzwischen mit mehreren Lasern ausgestattet, was den Druck deutlich beschleunigt. Der Markt sortiert sich derzeit neu. So sind die weltweiten Umsätze mit einfachen 3D-Druckern für den Heimbereich für unter 5.000 Dollar laut den Experten von Wohlers im vergangenen Jahr gesunken. Gleichzeitig sei der Markt für industrielle Anwendungen aber signifikant gewachsen. So stiegen die Umsätze mit Materialien für die additive Fertigung 2018 zum fünften Mal in Folge um jeweils mehr als 40 Prozent.

Laut einer Studie von SmarTech Analysis dürfte allein der Markt für Metall-3D-Druck bis 2024 von zuletzt gut drei auf elf Milliarden Dollar steigen. Darin enthalten sind Maschinen, Materialien und Dienstleistungen. Auf die Hardware dürften dabei knapp vier Milliarden Dollar entfallen. Der Gesamtmarkt der Additiven Fertigung war laut SmarTech im vergangenen Jahr mehr als neun Milliarden Dollar groß, bis 2024 könnten es mehr als 28 Milliarden sein. General Electric war wegen seiner starken Position in der Turbinenproduktion für Flugzeuge einer der Pioniere. So baute GE mit der LEAP Engine das erste Triebwerk, das 3D-gedruckte Teile als Kraftstoffdüsen einsetzt. Ein Trend im industriellen Bereich: Formen wie Markforged bieten verstärkt Drucker im Niedrigpreissegment um die 100.000 Euro an. Der Durchschnittspreis am Markt liegt derzeit laut der britischen Marktforschungsfirma Context bei mehr als dem vierfachen. Es gibt inzwischen aber auch große Anlagen, die mehrere Millionen Euro kosten.

3D-Drucker sollen Produktionskosten senken
So groß die Probleme von General Electric auf vielen Feldern derzeit auch sind: Im Bereich des 3D-Drucks gehören die Amerikaner zu den weltweit führenden Anbietern. Das liegt vor allem auch daran, dass GE im Jahr 2016 die rasch wachsende deutsche Concept Laser übernahmen. Das Unternehmen war im Jahr 2000 vom Branchenpionier Frank Herzog gegründet worden. Als der Markt förmlich explodierte, suchte sich der Weltmarktführer einen starken Partner, um nicht an den Rand gedrängt zu werden. GE zahlte für zunächst 75 Prozent der Anteile 549 Millionen Euro. Der Siemens-Rivale integrierte die Aktivitäten ebenso wie die zugekaufte schwedische Arcam. Die Schweden setzen beim Aufschmelzen auf Elektronenstrahl- ,statt wie Concept auf Lasertechnik. Die Concept-Laser-Produktion zieht nun in das neue Werk um. Der große graue Zweckbau steht bei Lichtenfels direkt an der Autobahn. Noch sind in der großen Halle viele Flächen frei. Seit Juli werden die ersten Maschinen produziert, in den kommenden Monaten soll der Umzug aus dem alten, zu klein gewordenen und sehr verschachtelten Standort abgeschlossen werden. Konkrete Zahlen nannte Oliver zwar nicht. Die Produktionskapazitäten würden aber vervielfacht. 'Wir haben nun die Möglichkeiten für sehr starkes Wachstum in den nächsten Jahren', sagt er. In die neue Fertigungsstätte wurden 150 Millionen Euro investiert.

Olivers Vorgänger Mohammad Ehteshami hatte der Sparte ehrgeizige Ziele vorgegeben. Bis 2020 strebte er eine Milliarde Dollar Umsatz an, etwa fünfmal so viel wie 2016. Im Jahr 2026 wollte er 10.000 3D-Drucker verkaufen. Erklärtes Ziel von GE ist es zudem, mithilfe der Technologie die Kosten in der eigenen Produktion um fünf Milliarden Dollar zu senken. Oliver wollte diese konkreten Ziele nicht wiederholen. GE hatte in früheren Jahren oft vollmundige Ankündigungen gemacht, die Ziele dann aber oft nicht erreicht. 'Wir streben aber Milliardenumsätze an.' Es könne auch sein, dass die bisherigen Ziele zu niedrig angesetzt seien. Auf dem Wachstumskurs erwägt GE auch weitere Akquisitionen. 'Wir halten die Augen offen', sagt Oliver. Die Konzernkrise, beteuert der Manager, habe auf der operativen Ebene keine Auswirkungen gehabt. 'Unter der Oberfläche passieren großartige Dinge bei GE.'

Höpner, Axel
Lichtenfels

 

Quelle: Handelsbaltt online vom 13.09.2019
GE: General Electric weiht Fabrik für 3D-Drucker in Deutschland ein (handelsblatt.com)